FEMMIE DUIVEN

Stichwort „Henna“

 

Henna ist ein Material, das (neben anderen Materialien) für die Arbeit „Merhaba“ von Femmie Duiven benutzt wurde. Henna kennen viele Frauen als grünlichen Schlamm, den man sich warm in die Haare schmiert, um sie rot zu färben. Den Frauen der arabischen und nordafrikanischen Welt dient es jedoch als vielfältiges Heil- und Pflegemittel, eingesetzt bei Knochenbrüchen, Wundheilung, Hautpflege, Körpertatoos und vielen anderen medizinischen und kosmetischen Anwendungen. Es wird auch in bestimmten Begrüßungsritualen benutzt, was die Brücke schlägt zu dem Titel der Arbeit: „ Merhaba", was „Willkommen“ heißt .

 

Dieses Ding , das uns hier an der Tür begrüßt, steht uns gegenüber wie eine Mischung aus Figur, Möbel und Architektur. Das Merhaba ist relativ mobil: Es wurde über eine zusammenklappbare Holzkonstruktion wie ein Zelt aufgerichtet. Die Kuppel errinnert an ein „Marabout“, ein kleines Gebäude aus Lehm, das in Marokko und Algerien als Grabmal und Wallfahrtsstätte für einen Heiligen oder Weisen errichtet wird. Die 'Haut' des Merhabas unter der schon angetrockneten Hennaschicht besteht aus einem schweren, verschossenen Vorhangstoff und wurde in einer höchst europäischen Handarbeitstechnik „gesmokt".

 

Auch Femmie Duiven durchbricht in gewisser Hinsicht Wände, indem sie die Grenzen zwischen Kulturen überwindet. Ich habe Femmie anlässlich einer Ausstellung in der whitebox kennengelernt. Dort war sie unterwegs mit zwei riesigen Rolltaschen, in denen sie ihre Arbeiten transportierte. Die meisten Ihrer Skulpturen sind so konzipiert, dass sie alles im Flugzeug als Reisegepäck transportieren kann. So ist auch das Reisen und die sich auf der Reise ergebenden Begegnungen ein zentraler Ausgangspunkt für ihre Arbeit. Femmie Duiven ist immer wieder in der algerischen und marokkanischen Sahara unterwegs. Ihre Arbeit steht in direktem Zusammenhang mit der Landschaft, mit der Grenzenlosigkeit und Farbigkeit der Wüste und sie lebt von der Begegnung mit der Lebensweise der Nomaden. Der Stoff, der für die Arbeit „Indigo Eye“ benutzt wurde, ist mit 1,50 x 5 m großen Bahnen der Stoff für die traditionellen Gewänder der Touareg. Sein goldener Schimmer entsteht durch die intensive Färbung mit Indigo, einem pflanzlichen Farbstoff. Die Stoffe färben beim Tragen stark auf die Haut ab und verleihen ihr einen metallisch - blauen Glanz. So geht es auch hier, wie in vielen Arbeiten von femmie Duiven einerseits um die Haut, den Körper, das Zudecken, andererseits aber auch um eine Wüstenlandschaft, in der als Zuhause ganz einfach ein Teppich ausgerollt wird. Sand, der die gesmokte Struktur des Stoffes bedeckt, Stoff, der den rauen Steinboden bedeckt: eine Form, die in der Weite des Raumes ein Zentrum bildet.

 

Diese Spannung zwischen Körper und Landschaft, vielleicht auch zwischen Natur und Kultur und zwischen dem Eigenen und dem Fremden wird sehr subtil in der Arbeit „Steinspiegel“ wirksam: Steine, diesmal nicht aus der Wüste, sondern am Starnberger See gesammelt, wo Femmie derzeit als Stipendiatin in der Villa Walberta arbeitet, sind bestrichen mit acht verschiedenen „Make-ups“. In der Bandbreite der verschiedenen Hautfarben können wir uns wie in einem Spiegel sehen. Das ist es, was Femmie Duiven diesem hohen und kalten Gebäude hier entgegensetzt.

 

 

Nausikaa Hacker